Rückblick auf die 10. Fachtagung für Anschlussbahnleiter

10. Anschlussbahnleitertagung in Fulda – Teilnehmerrekord zum Jubiläum der führenden Fachtagung rund um den Gleisanschluss

Über 115 Teilnehmer nutzten die 10. Anschlussbahnleitertagung in Fulda, um sich weiterzubilden und sich ein umfassendes Bild über die aktuellen Anforderungen ihres Gleisanschlusses zu machen. Beginnend mit dem traditionellen Anschlussbahnleiter-Stammtisch am Vorabend im Wappensaal des Hotel Maritim am Schlossgarten in Fulda fand die Veranstaltung am 27.11.19 im Festsaal des Schlosses statt.

Die gestiegene politische Aufmerksamkeit für das Thema Gleisanschluss zeigte der Besuch des Referatsleiters für den Masterplan Schienengüterverkehr und Gleisanschlussförderung im Bundesministerium für Verkehr und digitale Innovation, Stephan Bull. Erstmals nahm damit ein Vertreter eines Bundesministeriums an der Veranstaltung teil. In seinem Eröffnungsbeitrag präsentierte Bull die mit zahlreichen Verbänden erarbeiteten Kurz- und Langfristmaßnahmen wie z.B. die rückwirkend ab 2018 gezahlte Trassenpreisförderung. Außerdem ging er auf die bereits seit 2004 bestehende Gleisanschluss-Förderrichtlinie des Bundes ein, die in 175 von 268 beantragten Fällen ausgezahlt worden sei, was einem Fördervolumen von 118 Mio. Euro bei einem privaten Anteil von 156 Mio. Euro entspricht. 125 neue Gleisanschlüsse seien so entstanden, bis zum Ende der aktuellen Förderperiode in gut einem Jahr sollen noch weitere 27 folgen. 118 Mio. t seien seit 2004 so auf die Schiene gebracht worden, was sieben Mio. eingesparten Lkw-Fahrten entspreche. In der Fortentwicklung stellte er u.a. die Berücksichtigung von Rangiermitteln und Zuführungsgleisen in Aussicht.

Über die Neuerungen und die generelle Anwendbarkeit des AVV auf Anschlussbahnen referierte Prof. Rainer Freise von der Goethe-Universität in Frankfurt. Als einer der Gründerväter des Allgemeinen Verwendungsvertrags für Güterwagen erläuterte er auch die historische Entwicklung durch die Liberalisierung des Eisenbahnmarktes und die damit einhergehende gestiegene Anzahl an Beteiligten anstelle “einer Eisenbahn”, was die Haftungsregelung schwieriger gemacht habe. Er bekräftigte die Anwendbarkeit des AVV auf die Beziehung zwischen Wagenhaltern und Eisenbahnverkehrsunternehmen, weshalb Anschlussbahnen als Eisenbahninfrastrukturen nicht direkt partizipierten.

Michael Fabian vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen informierte zwischen Kaffee- und Mittagspause über aktuelle rechtliche Veränderungen auf europäischer und Bundesebene. Er erinnerte u.a. an die Stellungnahmefrist zum Marktbericht über Wartungseinrichtungen für Eisenbahnen bis 30.11. und erläuterte den Ersatz des Regionalbahnbegriffs durch das übergeordnete Netz im Rahmen der 5. AEG-Novelle. Durch Zahlen veranschaulichte er die Seltenheit der vegetationsinduzierten Störfälle auf öffentlicher Infrastruktur, die von Privatgrundstücken ausgehen, die teilweise bei null pro Jahr liegen.

Bewährt und beliebt sind die Themenblöcke zu den Aufgaben des Anschlussbahnleiters: Mit fünf Fallbeispielen wie dem Versetzen eines Prellbocks oder dem Testeinsatz eines neuen Rangiermittels zeigten Eisenbahnbetriebsleiter Michael Frank und Rechtsanwalt Andy Niekamp im Dialog Fragestellungen und die dabei greifenden rechtlichen Regelungen, die in den für Anschlussbahnen geltenden Gesetzen und Verordnungen aber nicht immer sonderlich genau definiert sind.

Till Geißler von der nordbayrischen Eisenbahnaufsicht illustrierte anhand zahlreicher Fotos aus der Praxis typische Fehler bei der Gleisinstandhaltung und kritisierte die trotz Stellungnahme der Länderbehörden ungenügende Neufassung der VDV-Oberbaurichtlinie für nichtbundeseigene Eisenbahnen. Deshalb sei immer noch ein Rückgriff auf die Richtlinien der Deutschen Bahn nötig, da beispielsweise keine Grenzwerte für Gleisverwindung definiert worden seien. Ansonsten verwies er auf die anzuwendenden Regelwerke für die Inspektion von Bahnübergängen und Brücken.  

Robert Hummel von der Anhaltinisch-Brandenburgischen Eisenbahngesellschaft (ABEG) erläuterte den korrekten Aufbau eines prozessorientierten Instandhaltungsmanagements für Fahrzeuge von Anschluss- bzw. Werksbahnen gemäß der ECM-Richtlinie und machte den Teilnehmern Zuversicht, dass mit einem bereits vorhandenen Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 bereits rund achtzig Prozent der Anforderungen erfüllt seien.

Christian Pötzsch, Eisenbahnbetriebsleiter der Verkehrsbetriebe Peine-Salzgitter und der VPS Infrastruktur, referierte über die Aufgaben und Verantwortung eines Anschlussbahnleiters und präsentierte die Diversität der anzuwendenden Regelwerke bei einem großen Unternehmen wie den Verkehrsbetrieben Peine-Salzgitter mit 84 km Streckennetz in zwei Bundesländern, 55 Triebfahrzeugen und über 1.500 Güterwagen.

Michael Frank schloss mit Thema Dienstordnung für Anschlussbahnen und ihrer sinnvoll auf das Nötigste beschränkten Aufstellung ab, um Änderungen nicht jedes Mal durch die Aufsichtsbehörde genehmigen lassen zu müssen. Die Bedienungsanweisung sollte sich dabei nicht am üblichen Betriebsablauf orientieren, um auch bei anderen Betriebsabläufen Funktionen eindeutig zuzuordnen. Anstelle konkreter Ansprechpartner sollten Funktionen genannt werden, deren konkrete Zuordnung Ausführung dann in Anhängen definiert werden könnten.

Georg Lennarz vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen schloss mit der Präsentation der am 25.06.2019 dem Bundesverkehrsministerium überreichten 53 Forderungen starken Gleisanschlusscharta ab. Er betonte auch die Bemühungen der Verbände, einen Bürokratieabbau für Anschlussbahnen zu erreichen und dabei auch eine Modernisierung zahlreicher Rechtsvorschriften umzusetzen, die teilweise noch aus der Kaiserzeit datierten und oftmals das letzte Mal vor Jahrzehnten aktualisiert worden seien. Ein Verkehrsträger, dem im Zeichen des Klimawandels wieder eine größere Bedeutung zukommen solle, benötige auch eine moderne Gesetzgebung. Er hoffte auf eine wieder steigende Zahl von Gleisanschlüssen, auch wenn es nicht darum gehe, wieder an allen Bahnstrecken viele Unternehmen anzuschließen, aber vor allem brachliegende Potentiale wieder direkt an die Schiene anzubinden. Zum Schluss warb er für die Unterzeichnung der Charta durch weitere Unternehmen.

Die 11. Fachtagung für Anschlussbahnleitertagung ist für Dienstag, 24. November 2020 vorgesehen. Sie findet im Maritim Hotel am Schloss in Fulda mit dem Stammtisch für Anschlussbahnleiter am Vorabend ab 19 Uhr statt.

Die Pressemitteilung zum Download

P1950_PM_10.FT-Fulda_final_web.pdf (124,3 KiB)

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